Seit Monaten fiebert die Filmwelt der Veröffentlichung von Christopher Nolans „Die Odyssee“ entgegen – einer Neuverfilmung, die nicht einfach Homers Epos nacherzählt, sondern eine moderne, bildgewaltige Interpretation des Mythos wagt. Mit Matt Damon als Odysseus steht ein vertrautes Gesicht im Zentrum, doch das, was Nolan inszeniert, wirkt schon jetzt größer als reine Göttersagen. Erste Einblicke, veröffentlicht durch das britische Filmmagazin Empire, zeigen, wie intensiv der Regisseur mit Figuren, Symbolik und Zwischentönen spielt. Und plötzlich rückt eine Darstellerin ins Licht, die bislang kaum erwähnt wurde: Mia Goth.
Die stummen Schatten von Ithaka“: Warum Mia Goths Figur für Nolan so wichtig ist
Die veröffentlichten Bilder zeigen Anne Hathaway als Penelope, deren Mischung aus Würde und innere Zerrissenheit bereits jetzt für Gesprächsstoff sorgt. Kaum weniger beeindruckend wirkt Tom Holland als Telemachos, der an der Schwelle zum Erwachsenwerden steht und dennoch den Mythos eines Vaters mittragen muss, den er kaum kennt. Doch erst ein Detail im Hintergrund lässt die Fans wirklich aufhorchen: Mia Goth, deren Karriere zuletzt mit dem Netflix-Hit „Frankenstein“ neue Höhen erreichte.
Laut Empire übernimmt Goth die Rolle der Melantho – eine Dienerin Penelopes, deren Verhalten in der antiken Vorlage schon immer ambivalente Züge trug. Doch Nolan wäre nicht Nolan, wenn er Melantho einfach als stumme Kulissenfigur schreiben würde. Schon jetzt deutet Empire an, dass „hinter der Rolle mehr steckt, als die Szenenbilder vermuten lassen“. Diese kryptische Formulierung wirkt wie eine Einladung an alle, die wissen, wie tief die Figur in die moralischen Spannungen Ithakas verstrickt ist.
Kenner der Mythologie erkennen sofort die Fallhöhe: Melantho ist jene Figur, die im Palast Intrigen begünstigt, Bündnisse gegen Penelope schmiedet und sich von den Machtfantasien der Thronanwärter manipulieren lässt. In Homers Werk ist sie Symbol einer Welt, die den moralischen Kompass verloren hat – und gerade deshalb scheint Goths intensive, körperliche Spielweise perfekt gewählt.
„Zwischen Göttern und Menschen“: Was Nolans Odyssee wirklich erzählen könnte
Während Matt Damons Odysseus zehn Jahre durch Stürme, Monster und göttliche Prüfungen irrt, entwirft Nolan offenbar eine zweite Ebene der Erzählung: die innere Erosion des Königshauses, während der Herrscher fern bleibt. Penelopes Kampf um Stabilität, Telemachos’ Weg zum Erwachsenwerden und Melanthos Verrat bilden gemeinsam ein Dreieck, das emotional kaum weniger explosiv ist als die Heldentaten auf hoher See.
Dass Nolan Melantho – traditionell nur ein Randdetail der Saga – in den Fokus rückt, lässt vermuten, dass sein „Die Odyssee“ deutlich politischer und persönlicher werden könnte. Er verwebt die klassische Heimkehrgeschichte mit Elementen von Machtmissbrauch, Manipulation und moralischem Verfall. Eine Figur, die einst nur als Beispiel für Untreue galt, könnte so zur Schlüsselrolle eines psychologischen Thrillers werden.
Nolan selbst hat sich noch nicht zu den genauen Änderungen der Vorlage geäußert, doch die neuen Bilder wirken wie ein Versprechen: „Die Odyssee“ wird kein reiner Fantasy-Abenteuerfilm, sondern ein vielschichtiges Drama über Identität, Loyalität und den Preis der Abwesenheit. Und vielleicht wird gerade Mia Goths rätselhafte Figur am Ende zu jenem Funken, der den Palast Ithakas in Flammen setzt.