The French Dispatch Kritik – Eine Liebeserklärung an den Journalismus

Apr 6, 2022
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Nun ist es endlich so weit. Nach über einem Jahr pandemiebedingter Verspätung und drei Monate nach der Premiere bei den Filmfestspielen von Cannes 2021 erscheint The French Dispatch in den Kinos. Und man kann schon im Vorfeld sagen, vieles, was man sich erhofft und vom Film erwartet hat, wird erfüllt. Wes Andersons neuster Streich überzeugt nicht zuletzt durch altbekannte und hervorragend umgesetzte Methoden, eine Prise Mut und einen fantastischen Cast. Dem Großteil davon wird gerade aufgrund der für Anderson eher untypischen Anthologie-Erzählweise viel Platz zum Glänzen geboten. Denn jeder von ihnen ist Hauptprotagonist seiner eigenen Geschichte. Beim Rest muss man sich schon bemühen solche Gesichter wie Christoph Waltz und Willem Dafoe nicht zu verpassen, doch sind es zumindest nette Dreingaben. Die Musik von Alexandre Desplat ergänzt die Inszenierung fabelhaft und lässt einen noch besser und tiefer in die auf der Kinoleinwand zum Leben erwachten Reportagen des „French Dispatch“ und seiner Redakteure eintauchen. Man kann vieles an den Bildern, Szenen und Dialogen furchtbar kitschig und klischeebeladen finden, doch muss man es nicht. Schließlich schafft es der Film auch gerade dadurch, seine Verspieltheit und Schrulligkeit einem ein unglaublich gutes und zufriedenes Gefühl zu verleihen, welches man doch genau so in seinen Filmen sucht.

Dass die einzelnen Episoden, die jeweils einem Artikel des Frech Dispatch gewidmet sind, in Schwarz-Weiß gehalten sind, stellt einen gewissen, nicht unbedeutenden Stilbruch in der ansonsten stets pastellfarbenen und bunten filmischen Handschrift Andersons dar. Nichtsdestotrotz bleiben die Szenenbilder durchweg fantastisch, detailreich und wie aus einem impressionistischen Gemälde, an dem man sich nicht sattsehen kann. Wem schon in Grand Budapest die ausufernden Kulissen und die symmetrischen Kompositionen gefielen, wird auch bei The Frech Dispatch voll auf seine Kosten kommen. Generell ist es aber auch genau diese Mischung aus Altem und Neuem, Vertrautem und Überraschendem, wodurch The French Dispatch nicht Gefahr läuft, nur ein mittelmäßiger Abklatsch bisheriger Anderson Filme zu sein. Nach dem man so etwas sagen würde wie „fällt dem Regisseur nicht langsam was Innovativeres ein?“. Eine erfrischende Neuerung also, genau rechtzeitig bevor sich die bewährten Praktiken zu sehr abnutzen und zur Selbstparodie verkommen. Stattdessen bekommt man hier eine clevere, eloquente Komödie, natürlich mit einem vertrautem Hauch von komischer Melancholie.

So ist The French Dispatch einerseits genauso geraten ist, wie man es sich von einem Wes Anderson Film vorstellt, andererseits bieten Ego-Perspektiven, 360 Grad Kamerafahrten und mehr auch immer wieder etwas Neues oder bereits bekanntes im neuen Gewand. Es ist, als ob der Film einen auf eine Abenteuerreise durch die Welt des Journalismus und einer märchenhaften Version Frankreichs schickt. Ironie durchgezogen wie eh und je, vom nostalgischen, romantisierenden Blick auf Paris der Jahrhundertwende und den Schreibberuf geprägt, wird hier ein wahres Feuerwerk an Dialogen, Bildern, Zitaten, Anekdoten und Referenzen entfacht, die beinah um die Aufmerksamkeit des Zuschauers streiten. Selten hat sich nochmaliges Anschauen so gelohnt wie hier. Die unverkennbare Handschrift Andersons ist hier omnipräsent und so präsentiert das amerikanische Multitalent seinem Publikum eine Art Best-of seines Genies.

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